Grundsätzlich kann man sagen, dass Boxenlaufställe als „Kaltställe“ geplant werden. Dies bedeutet, dass offene, luftige und licht durchflutete Ställe ohne dämmende Bauteile (ausgenommen isolierte Dacheindeckung) gebaut werden, um möglichst gute klimatische Bedingungen für einen hohen Kuhkomfort zu erhalten. Die Tiere brauchen lediglich einen Schutz vor direkter Sonneneinstrahlung (Hitzstress), Regen/ Schnee und Zugluft. Zusätzlich muss das bauliche Konzept die natürlichen Verhaltenweisen der Tiere unterstützen, sodass die Grundbedürfnisse wie Liegen, Laufen und Fressen befriedigt werden.
Deshalb werden heute hohe, große Gebäude erstellt, mit Traufhöhen von 4,0m – 5,5m und einer Dachneigung von 18° – 22°. Dadurch ergeben sich häufig Firsthöhen von 9,0m – 10,0m und ein Luftvolumen von mehr als 40m³/ Tier. Dieses Luftvolumen ist notwendig, um die abgegebene Energie der Tiere und die hohe Luftfeuchtigkeit aus dem Stall abzuführen. Denn ab einer Temperatur von +25°C, bekommen die lacktierenden Tiere Hitzstress, und dieser kann nur durch einen optimalen Luftwechsel reduziert werden. Generell sollten die Traufseiten in die Himmelsrichtungen Ost und West ausgerichtet sein, um eine optimale natürliche Querlüftung zu erzielen. Ob gedämmte Sandwich-Elemente als Dacheindeckung noch einen positiven Einfluss auf die Temperaturreduzierung im Stall haben, muss bei sehr hohen Stallkonstruktionen kritisch hinterfragt werden. Der Einsatz gedämmter Dachflächen im Melkstand zur Optimierung der Arbeitsbedingungen wird empfohlen.
Grundsätzlich muss sich der Landwirt bei einem Boxenlaufstall für ein Entmistungssytem entschieden: Entweder Unterstalllagerung mit Vollspalten oder Mistschieber mit planbefestigten Laufgängen. Die Vorteile einer Schieberentmistung liegen vor allem in der Kostenersparnis von ca. 15-20 % gegenüber einer Vollunterkellerung, da eine relativ einfache Bauweise realisiert werden kann. Der ständige Einsatz von Schiebertechnik ist jedoch anfällig für Wartung und Reparaturen und kann das Verhalten der Tiere im Stall stören. Auch die verschmutzten Übergänge zwischen den Laufgängen können vom Schieber nicht gereinigt werden, sodass relativ unsaubere und nicht abgetrocknete Standflächen für die Tiere entstehen. Auch die Position der Abwurfschächte bzw. des Querkanals und die Lage des zugehörigen Lagerraums (Güllehochbehälter) sind genauestens zu planen, besonders bei einer zukünftigen Erweiterung des Stalles.
Bei dem Einbau von Spaltenböden sind alle Laufgänge und Übergänge relativ sauber (evtl. ist ein Einsatz eines Spaltenreinigungsroboters sinnvoll), da Kot und Urin direkt in den Güllekeller abgeleitet werden. Sollten die Spalten im Laufe der Jahre glatt werden, können die sie noch aufgearbeitet oder ausgetauscht werden. Der Bau mit Güllekeller ist eine teure Bauweise, besonders wenn eine Lagerdauer von 8 oder 9 Monaten im Stall nachgewiesen werden muss und dadurch ein großes Bauvolumen im Erbreich verbaut wird.
Die Wahl des Aufstallungssystems hängt stark von den Faktoren ab, die für den Landwirt wichtig sind. Wird ein 1:1 Tier-Fressplatztverhältnis gewünscht, muss der Stall als zweireihiges (Doppel-Liegebox) Konzept geplant werden. Dadurch wird der Stall verhältnismäßig lang und teuer, da die überbaute Fläche mit ca.12-14 m²/Tier relativ hoch ist. Bei einem klassischen dreireihigen Stall (Doppel-Liegebox und wandständige Liegebox) liegt der Wert der überbauten Fläche nur bei ca. 10 m²/Tier. Jedoch reduziert sich das Tier-Fressplatztverhältnis auf ca. 1:1,4, was aber bei Vorratsfütterung kein Problem darstellen sollte.
Ob bei der Aufstallung die Wahl auf Hoch- oder Tiefboxen fällt, liegt in erster Linie an der Auffassung des Landwirtes von „Kuhkomfort“. Tiefboxen sind für die Tiere definitiv komfortabeler, verlangen aber ein gutes Arbeitsmanagment und haben einen höheren Verbrauch des Einstreumaterials, welches zu höheren Unterhaltskosten führt. Hochboxen mit geeigneten Liegematratzen haben den Vorteil, dass sie immer die gleiche Form und Qualität beibehalten und leicht zu reinigen sind. Eine Überbelegung der Liegeboxen sollte in jedem Fall vermieden werden.
Ob seitlicher oder mittiger Futtertisch unterliegt der Einstellung des Landwirtes. Ein Vorteil der außenliegenden Futtertische ist, dass auf aufwendige Curtains- und Jalousieanlagen verzichtet werden kann, da die Dachkonstruktion einen ausreichenden Wetterschutz für die Tiere bietet.
Je nach Wahl des Melksystems ändern sich die Anforderungen an das Stallkonzept. Sollen Melkroboter im Stall eingesetzt werden, müssen große Bereiche vor den Robotern frei gehalten werden, um einen freien, natürlichen Kuhverkehr sicher zustellen.
Für mittlere Betriebe mit ca. 100-150 Tieren eignet sich ein Melksystem als seitlich angeschlepptes Melkhaus mit einfachem Melkstand (z. B.: 2x8 Fischgrätenmelkstand) mit zugehörigen Wartebereich.
Bei Großbetrieben wird in der Regel ein eigenständiges Melkhaus mit Wartebereich und Rücktrieb mit Selektionsmöglichkeit geplant. Ein angemessen großer Strohbereich (Faustformel: 10m² Fläche/ Tier für 10% der Herde) für Abkalbungen, Frischmelker und Problemkühe sollte heutzutage in keinem Stallsystem mehr fehlen.
Auf jeden Fall sollte eine ausführliche, individuelle Planung durchgeführt werden, um die Wünsche und Ansprüche des Landwirtes bestmöglich umzusetzen.
Willem Tel Dipl.-Ing. Architekt, Bauberater Landwirtschaftskammer NRW, Münster
Quelle: Stallinvest Rinderhaltung 10/2010