Die Planung neuer tiergerechter Stallanlagen sichert die Gesundheit und Leistungsbereitschaft des Milchviehs und kann auch bei entsprechender Umsetzung die Arbeitsbelastungen in den Betrieben reduzieren. Alles in allem werden diese Veränderungen den Milchviehstall einen Schritt weiter in einen tiergerechten und ökonomischen Produktionsort entwickeln, meint Andreas Pelzer, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen.
Beim Neubau von Milchviehställen spielen klare Achsen für Füttern, Treiben und Melken sowie eine überschaubare Aufteilung und Strukturierung der Gruppen in Puncto Arbeitsauslastung und Hygiene eine entscheidende Rolle. Liegeboxenlaufställe in Wachstumsbetrieben sollten mit separatem Melkhaus als 2-x-Dreireiher durch einen mittigen Futtertisch und einen zentralen Treibgang in der Mitte des Stalles in vier Gruppen zu unterteilen sein. Mit einer solchen Aufteilung lässt sich ein effizientes Herdenmanagement umsetzen und der Stall unter produktionstechnischen und tierphysiologischen Anforderungen optimal nutzen. Beim Einsatz automatischer Einboxenmelksysteme sollten die Wege kürzer und die Gruppen kleiner geplant werden. Aus diesem Grunde könnte mit der Planung eines Sechsreihers mit zwei außen liegenden Futtertischen und der mittigen Platzierung einer Roboterstraße als Verbindungselement zwischen den Futtertischen ein moderner Milchviehstall gebaut werden.
Gutes Stallklima
Bei der Planung ist vor allem der Standort bezüglich der Klimagestaltung im Stallbereich zu berücksichtigen. Generell gilt, dass sich die baulichen Details in erster Linie an den Anforderungen der Tiere orientieren und erst darüber hinaus auch technische Anforderungen berücksichtigt werden sollten. Milchkühe haben in den Sommermonaten häufig das Problem, dass sie durch das hohe Produktionsniveau die hiermit zwangsläufig verbundene Körperwärme nicht in ausreichendem Umfang abgeben können. Aus diesem Grunde sollten alle vorbeugenden baulichen und technischen Möglichkeiten und Lösungen ausgeschöpft werden, die mit vertretbarem Aufwand verbunden sind. Zu beachten sind alle Maßnahmen, die den natürlichen Luftwechsel steigern und die zu einer Minderung des Wärmeeintrags und einer Verbesserung des Feuchtigkeitsabtransports im Stall sorgen. Um die Symptome von Hitzestress in Hochleistungsherden sicher zu verhindern, sind Sommerluftraten von über 800m³/ je Kuh und Stunde einzuplanen. Folgende bauliche Empfehlungen sollten bei der Querlüftung beachtet werden:
- Lage des Stalles quer zur Windrichtung
- Traufhöhen von mindestens 4 m
- Traufseiten vollständig zu öffnen
- Lüftungshemmende Konkurrenzgebäude vermeiden
- Vermeidung von Lichtwellplatten
- Helle, möglichst gedämmte Dacheindeckung
Beim Einbau flexibler Seitenwände, wie zum Beispiel Curtain-Systemen, ist auf eine hohe Funktionalität und leichte, vor allem zeitsparende Bedienung zu achten. Im Idealfall sollten die Systeme über Wettersensoren bezüglich Temperatur, Windgeschwindigkeit und oder Sonneneinstrahlung gesteuert werden. Alternativ zu diesen vollautomatischen Systemen können auch halbautomatische Systeme eingebaut werden. Wichtig ist eine schnelle, unkomplizierte Schaltung mit automatischer Endabschaltung. Um die gewünschte Luftbewegung bei nicht ausreichender Windgeschwindigkeit und hohen Umgebungstemperaturen zu erzeugen, werden zunehmend Ventilatoren im Stall eingesetzt. Die zu installierende Luftleistung der Ventilatoren ist von Faktoren, wie Stalllänge, Tierdichte und vor allem von der Höhe der Traufe und der Ausrichtung des Stalles abhängig. Eine Auswahl geeigneter Ventilatoren und deren Positionierung sollte mit Hilfe der DLG-Prüfberichte sowie in Anlehnung an das DLG-Merkblatt zur Stallklimagestaltung in Milchviehställen erfolgen, abrufbar unter www.dlg-test.de.
Ausreichende Wasserversorgung, breite Futtertische
Kühe müssen jederzeit freien Zugang zu Wasser haben. Für eine Gruppe mit 60 Milchkühen wird neben einer großen Trogtränke mit rund 200 cm Troglänge der Einbau von mindestens drei weiteren einfachen Einzelplatztränken oder Trogtränken bis 100 cm Troglänge empfohlen. Die Tränken sollten so positioniert werden, dass Wasser aufnehmende Tiere, die Tränke im Notfall immer in mehrere Richtungen verlassen können.
Im Laufe der Jahre haben sich wegen der höheren Mechanisierung die einzuplanenden Abmessungen für Futtertische verändert. Wird der Futtertisch einseitig genutzt, sollte er eine Breite von mindestens 5 m und bei zweiseitig genutzten Futtertischen sollte eine nutzbare Breite von mindestens 6 m eingeplant werden. Zur besseren Futteraufnahme sollte das Niveau des Futtertisches 20 cm über dem der Laufflächen liegen. Um die Oberfläche des Futtertisches zu schützen und um die Hygiene langfristig zu erhalten, müssen betonierte Futtertische vor dem Säureangriff durch die Silagen geschützt werden. Angegriffene Flächen sind schlecht zu reinigen, was zwangsläufig dazu führt, dass Futterreste mikrobiologisch zersetzt und die frisch vorgelegten Futtermittel kontaminiert werden. Ein Schutz des Betons durch Fliesen oder das Auftragen von Epoxydbeschichtungen bringt einen schnellen und langfristigen Erfolg. Um hohe Leistung auch langfristig zu sichern, ist jedem Tierplatz auch ein Fressplatz zuzuweisen. Ob die Tiere besser durch Begrenzungsrohre oder Selbstfanggitter gesteuert werden, wird in der Praxis immer wieder diskutiert.
Generell gilt, dass in jedem Milchviehstall Selbstfanggitter in ausreichender Anzahl zur Untersuchung und Behandlung von Kühen vorgesehen werden müssen. In Herden mit weniger als zweihundert Tieren sollte auf den Einbau von Selbstfanggittern im gesamten Stallbereich nicht verzichtet werden. In größeren Milchviehanlagen sollten mindestens 50 bis 60 Plätze mit Selbstfanggittern eingerichtet werden, um im Falle einer Gruppenbehandlung beim Impfen oder aber bei der Blutprobennahme ausreichend schlagkräftig zu sein. Die Fressplatzbreite sollte zwischen 65 und 75 cm liegen. Um Technopathien und Integumentschäden im Bereich des Widerrists und der Wamme zu verhindern, ist darauf zu achten, dass die Position des Begrenzungsrohres, die Höhe des Fressgitters und die Höhe der Trogaufkantung den Körpermaßen der Kühe angepasst sind.
Tiergerechte Liegeplatzgestaltung
Die Kuh sollte durch die Liegebox beim Abliegen und Aufstehen so wenig wie möglich in ihren natürlichen Bewegungsabläufen eingeschränkt werden. Neben dem Einbau weicher Bodenbeläge und Liegeflächen tragen auch Form und Abmessungen der Liegeboxenbügel zu einer sichtlichen Verbesserung der Bewegungsfreiheit und Liegeposition bei. Vor allem in diesem Bereich stehen Neuentwicklungen im Fokus und lassen auf interessante Neuerungen hoffen. Bei Hochboxen ist zur optimalen Bewirtschaftung der Liegefläche ein Gefälle von 2 % einzubauen. Bei Tiefboxen sollte die Liegefläche immer gleichmäßig eben bis leicht ansteigend sein. Trittsicherheit und Rutschfestigkeit in der Liegefläche müssen unter allen Bewegungsabläufen garantiert sein.
Bei vielen Abtrennbügeln hat das Nackenrohr wichtige Funktionen. Neben der richtigen Positionierung der stehenden Kuh zur Sauberhaltung der Liegeflächen sichert das Nackenrohr die Stabilität innerhalb der Liegeboxen. Durch die klassische Bügelform und -höhe ist in der Regel auch die Höhe des Nackenriegels vorgegeben. Auf Grund der deutlich größer gewordenen Kühe ist es wichtig, das Nackenrohr auch in der Höhe variieren zu können. Der Einsatz von flexiblen Nackenrohren, wie zum Beispiel Seil, Kette oder Gurt, setzt eine in sich stabile Box voraus. Daher sollte bei der Neueinrichtung von Liegeboxen darauf geachtet werden, dass das Nackenrohr zur Garantie der Stabilität nicht mehr zwingend notwendig ist. Der horizontale Abstand des Nackenrohres zur Kotstufe sollte in Anlehnung an Boxensystem und Größe der Kühe zwischen 160 und 175 cm betragen. Die senkrechte Höhe des Nackenrohres zur Liegefläche sollte in Abhängigkeit zur Kuhgröße zwischen 125 cm und 133 cm betragen.
Boxenabtrennbügel haben die Aufgabe, die Ansprüche der Kühe an ihre Ruhezone nach vorne und zu den Seiten zu sichern. Gleichzeitig sollen sie die Kühe in der Bewegung und beim Liegen soweit steuern, dass die Liegeflächen sauber bleiben. Leider gestaltet es sich bis heute als unmöglich, alle positiven Eigenschaften, die ein Abtrennbügel idealer Weise haben sollte, in nur eine Bügelform zu integrieren. Die Länge der Abtrennbügel richtet sich in erster Linie nach der Länge der Liegeboxen. Die Form der Bügel steht in Beziehung zur Breite der Liegeboxen. Kühe benötigen für die Einnahme der diversen Liegepositionen ausreichend Platz und Raum. Aus diesem Grunde ist es von Bedeutung, die Formgebung der Abtrennbügel und die Breite der Liegeboxen aufeinander abzustimmen. Bei Liegeboxenbreiten von 115 cm steuern lang geführte Boxenabtrennungen, mindestens 60 cm hinter der Bugschwelle, die Kühe am besten in eine gerade Liegeposition. Da Kühe in der Regel mit einem leicht zur Seite abgewinkelten Kopf liegen, sollten Abtrennbügel keine senkrechten Befestigungsrohre im Kopfbereich haben.
Gestaltung der Laufflächen
Laufflächen müssen zu jeder Zeit sauber, trittsicher und rutschfest sein. In modern ausgelegten Milchviehställen liegt der Anteil der klassischen Laufflächen bei etwa 5 m²/je Kuh. Um Stress zu vermeiden, sollten Sackgassen unbedingt vermieden werden. Bei Planung besonders tiergerechter Stallkonzepte sollte die Anzahl der Übergänge erhöht werden. Alle 15 m sollte ein Übergang mit einer Breite von mindestens 2,5 m vorgesehen werden. Die Fläche auf den Übergängen kann bei ausreichender Breite für die Aufstellung von Tränken und Bürsten genutzt werden. Die Breite des Laufganges am Futtertisch sollte mindestens 4 m betragen. Die Breite des Laufganges zwischen den Boxenreihen im Normalfall 2,5 m. Beim Einbau von Tiefboxen sollten die Laufflächen zur Befüllung befahrbar sein. In diesem Fall ist die Breite der Laufgänge auf mindestens 3 m zu erhöhen.
Durch die unterschiedliche Nutzung sollten die Laufflächen in Aufenthaltsbereiche und Bewegungsbereiche unterteilt werden. In den Aufenthaltsbereichen Laufgang am Futtertisch, Wartebereich vor dem Melkstand und im Melkstand stehen die Tiere oft auch für längere Zeit. Aus diesem Grunde ist zu empfehlen, diese Bereiche mit weichen Bodenbelägen auszulegen. Die Bewegungsbereiche Laufflächen zwischen den Liegeboxen dienen in erster Linie dem Tierverkehr und sollten den Klauenabrieb fördern, um einem übermäßigen Klauenzuwachs entgegenzuwirken. Ob die Laufflächen planbefestigt oder perforiert sind, hat systembedingt keine Auswirkungen auf das Laufverhalten und auf die Klauengesundheit; der Einfluss unterschiedlicher Materialien und Herstellungsweisen hingegen schon.
Durch den hohen Grad der Standardisierung in der Herstellung hat Beton häufig die besseren Resultate bezüglich Tiergerechtheit und Haltbarkeit vorzuweisen. Beim Einbau von Asphalt kann es auf Grund der unterschiedlichen Vorgaben und Zuschlagstoffe häufig Probleme mit der Rutschfestigkeit und mit einem überhöhten Hornabrieb geben.
Beim Spaltenboden wiederum variiert das Verhältnis der Auftrittsfläche zur Durchlassfläche je nach System. Die Schlitzweite stellt immer einen Kompromiss dar, der zwischen einem möglichst hohen Durchlass von Gülle und der Erhaltung einer trittsicheren Lauffläche gelingen muss. Die Empfehlungen sind 3,5 cm Schlitzweite und 8 bis10 cm breite Auftrittsflächen. Der Grad der Verschmutzung von Laufflächen hängt neben der Art des Spaltenbodens aber auch von der Belegungsdichte, der Rationszusammenstellung und der Luftfeuchtigkeit im Stall ab. Die Abstände der Reinigungsintervalle sind in Anlehnung an die Belegungsdichte und die klimatischen Bedingungen im Stall auszuwählen. Es ist unbedingt darauf zu achten, dass beim Abschieben die Gülle durch die Spalten gedrückt oder außerhalb des Laufbereiches der Kühe abgeschoben wird. Aus produktionstechnischer Sicht sollten die Laufflächen permanent, mindestens aber stündlich geräumt werden. Die Angst, dass die Qualität der Laufflächen durch das häufige Abschieben leiden würde, ist beim Einsatz moderner Technik unbegründet und von nachgeordneter Bedeutung.
Licht und Beleuchtung
Licht in Milchviehställen ist zu einem wichtigen produktionstechnischen Kriterium geworden. Durch die Einführung von Beleuchtungsprogrammen mit einem Intervall von 16 h Licht und 8 h Dunkelheit bei einer Lichtintensität von 150 Lux konnte durch die daraus resultierende Senkung des Melatoninspiegels im Blut die Leistung von Milchkühen positiv beeinflusst werden. Wichtig ist dabei, dass trocken gestellte Kühe in dieser Phase einem umgekehrten Beleuchtungsrhythmus von lediglich 8 h Licht ausgesetzt werden. Aus ökonomischen Gründen hat sich der Einsatz von Hochdruckdampflampen durchgesetzt. Die Lichtausbeute und die Verteilung des Lichtes sind aus energetischer und physiologischer Sicht als ideal zu bezeichnen. Mit Abstand die höchste Energieeffizienz haben hier die Natriumdampfleuchten. Mit 130 Lumen je Watt und einer Lebenserwartung von gut 20 000 h sind sie anderen Hochdruckdampflampen zurzeit noch überlegen. Zu beachten ist hierbei allerdings die Tatsache, dass Natriumdampflampen wegen der Gasmischung ein gelbliches Licht ausstrahlen. Die Auswahl der Armaturen ist abhängig von der Montagehöhe und der Abstrahlcharakteristik des Reflektors. Zur gezielten und effizienten Montage müssen die Montagepunkte mit Hilfe von Lichtberechnungsprogrammen errechnet werden.
Andreas Pelzer, 29.12.2008
Quelle: Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen