EU-, Bundes- und Landespolitiker besuchen BFL/DLG Special der EuroTier
(BFL). Das BFL/DLG-Special „Wellness im Abferkelstall“ auf der EuroTier informierte neben vielen Landwirten, Beratern und Veterinären auch Politiker zu aktuellen und potentiell zukünftigen Haltungssystemen im Abferkelstall. Nachdem am ersten EuroTier-Tag der Parlamentarische Staatssekretär Peter Bleser den Stand von BFL und DLG in Halle 11 auf dem Messegelände in Hannover besuchte, nutzten in den darauffolgenden Tagen Entscheidungsträger aus Organisationen und Ministerien verschiedener Bundesländer, sowie der EU-Kommission diese Option. Am letzten EuroTier-Tag besuchte Gerd Lindemann, Niedersächsischer Minister für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung, das BFL/DLG Special.
Ziel des Specials war es verschiedene gegenwärtige Haltungssysteme neben potentiellen zukünftigen Lösungen zu zeigen, daraus folgend Vor- und Nachteile der Systeme und Lösungen zu verdeutlichen und eine Vielzahl unterschiedlicher Innovationen von BFL-Mitgliedsunternehmen darzustellen. Das Special zeigte konventionelle Haltungssysteme mit Ferkelschutzkorb, der seit seiner Einführung in die Praxis (erster DLG-Test im Jahre 1973) beständig für die geringsten Erdrückungsverluste bei Ferkeln sorgt, aber in der allgemeinen Tierwohl-Debatte zunehmend in die Kritik gerät, und verschiedene Varianten mit erweiterten Bewegungsmöglichkeiten. Hierzu existieren bereits seit vielen Jahren Varianten die ständig durch Praxis und Hersteller weiterentwickelt werden. Diese bieten der Sau z.B. durch die Möglichkeit zum Öffnen des Ferkelschutzkorbes einen erweiterten Freiraum. Um hierbei die Erdrückungsverluste der Ferkel so gering wie möglich zu halten, ist eine hohe Mobilität der Ferkel und gute Abliegehilfen an den Wänden für das Muttertier nötig. Auch muß dem Sauenhalter ein flexibles Management, das auf das Einzeltierwohl abstellt, ermöglicht werden. Dies darf nicht durch rechtliche Vorschriften eingeengt werden, die vorgeben wann und wie lange welche Tiere maximal fixiert werden dürfen.
Freilaufbuchten waren in den 1950-60er Jahren in Deutschland der Standard, verbunden mit hohen Erdrückungsverlusten bei den Ferkeln. Den Besuchern wurde erläutert, dass eine Freilauflösung zwar dem Muttertier mehr Bewegungsmöglichkeit bietet, aber im Regelfall auch heute noch mit höheren Ferkelverlusten verbunden ist. Der Grund ist sehr einfach: Diese Ferkelverluste entstehen nicht bei jeder Sau. Treten sie allerdings bei einzelnen Sauen auf, sind sie sehr hoch, weil häufig ganze Würfe darunter leiden. Zudem zeigen Analysen von Tierärzten, dass in Freilaufbuchten ein sehr hohes Risiko für Verletzungen durch das Muttertier an den Menschen besteht. Wenn sowohl die Menschen als auch die Tiere (insbesondere die kleinen Ferkel) einen optimalen Schutz haben sollen, können Freilaufbuchten nur unter zwei Voraussetzungen wieder erfolgreich in die Praxis eingeführt werden. Erstens muss ein Ferkelschutzkorb weiter integraler Bestandteil der Abferkelbucht bleiben. Zweitens kann nur der Tierhalter, der täglich bei seinen Tieren ist, entscheiden, wann für die kleinen Ferkel Gefahr im Verzug ist. Daher muss allein der Tierhalter jederzeit frei entscheiden können, wann er dem Muttertier Freilauf gewährt, bzw. bei Bedarf auch wieder entzieht.
Gezeigt wurden auch verschiedene Böden unter der Sau, die den Vorgaben der EU-Verordnung einheitlich mit 15% Schlitzanteil, sowie den in den deutschen Bundesländer uneinheitlichen Vorgaben von einem Charakter der geschlossenen Fläche (quasi 0%), 3% in Baden-Württemberg, 7% in Nordrhein-Westfalen und 10% in Niedersachsen entsprechen. An den gezeigten Bodenelementen wurden die besonderen Schwierigkeiten deutlich, die häufig zur Verunsicherung von Landwirten, Beratern und Amtsveterinären und zu unnötigen Wettbewerbsverzerrungen bei Investitionen, nicht nur innerhalb der EU, sondern besonders zwischen den einzelnen Bundesländern führen.
Es kann konstatiert werden, dass ein Boden ohne Schlitze für das menschliche Auge „tierfreundlicher“ aussieht. Wissenschaftliche Untersuchungen, z. B. Ergebnisse von Praxistests verschiedener Lehr- und Versuchsanstalten, zeigen jedoch eindeutig, dass ein Schlitzanteil von deutlich über 10% aus Sicht der Tiergesundheit und des Tierverhaltens, und insbesondere aus Sicht der Ferkel zu favorisieren ist. Leider haben hier die verantwortlichen Stellen der Bundesländer in der Vergangenheit zu häufig Regelungen getroffen, die dem Tierwohl aus Sicht der Praktiker und derer die dazu Untersuchungen angestellt haben häufig nicht entsprechen.
Wünschenswert wäre, dass zukünftige Lösungen, basierend auf Grundlage von Praxistests und wissenschaftlichen Untersuchungsergebnissen den Maßstab und das Handeln für das Tierwohl bestimmen, und nicht der Eindruck des menschlichen Auges, allzumal wenn es um vorschnelle politische Entscheidungen geht.