In den Jahren 2006 und 2007 ist auf Druck der EU die deutsche Umsetzung der Nitratrichtlinie mehrfach überarbeitet worden und hat zu einer neuen Düngeverordnung und in den Bundesländern zu neuen JGS (Jauche, Gülle, Silagesickersaft) Anlagen Verordnungen geführt. Nachfolgend werden die Auswirkungen für die Güllelagerung dargestellt.
Mit Inkrafttreten der JGS-Anlagenverordnung sind die Anforderungen an das Fassungsvermögen von Lagerbehältern neu definiert worden. Grundsätzlich ist für die Lagerung flüssiger Wirtschaftsdünger eine Lagerkapazität von 6 Monaten zu schaffen, also wesentlich länger als die Überbrückung der Sperrzeit. Schon seit vielen Jahren ist es in den Genehmigungsverfahren für Baumaßnahmen in der Schweinehaltung üblich, je nach Fruchtfolge und Bodenqualität eine Lagerkapazität bis zu 10 Monate vorzuschreiben. Damit wird erreicht, dass die Nährstoffe aus der Gülle als sinnvolle Düngergabe vorwiegend im Frühjahr in den wachsenden Pflanzenbestand gegeben werden und Nährstoffverluste vermindert werden. Betriebe, die in den letzten Jahren nicht gebaut haben und Betriebe mit Rindviehhaltung sind in der Vergangenheit nicht unter diese Regelung gefallen und verfügen daher häufig nicht über diese große Lagerkapazität. Durch die neue JGS-Anlagenverordnung wird nun für alle Betriebe eine Minimum-Lagerkapazität für 6 Monate gefordert, auch Altbetriebe müssen nachrüsten. Als Übergangsfrist für bestehende Anlagen ist der 31. Dezember 2008 genannt. Bis zu diesem Termin sind die entsprechenden Lagerkapazitäten zu schaffen.
Als Cross-Compliance-relevantes Kriterium wird der Nachweis einer ausreichenden Lagerkapazität auch Einfluss auf die Ausgleichszahlungen haben, so dass die Umsetzung sehr Ernst genommen werden muss.
Grundlage zur Berechnung des Gülleanfalls
In der novellierten Düngeverordnung sind für die wesentlichen Tierarten und Haltungsverfahren Daten zum Gülleanfall aufgeführt. Dabei ist zu beachten, dass für Milchkühe die Güllemengen mit steigender Leistung auch zunehmen. Zudem ist bei der Zusammenstellung der Zahlen zu Grunde gelegt worden, dass es sich um Mindestwerte handelt, also um Flüssigmist mit hohem Trockenmassegehalt, der in der Praxis nicht immer erreicht wird, so dass bei den in der Praxis geringeren TS-Gehalten die Güllemengen entsprechend steigen.
In der Düngeverordnung wurden diese TS-Gehalte jedoch nicht übernommen, so dass der Gülleanfall incl. Reinigungs- und Tränkewasser – im Milchviehbereich jedoch ohne Melkstandabwasser – in den einzelnen Kategorien als feste Größe zu betrachten ist. In der Düngeverordnung werden die Anfallmengen für den Zeitraum von 6 Monaten ausgewiesen.
Für die Ermittlung des notwendigen Lagerraums im Rahmen der JGS-Anlagenverordnung ist für die Berechung des Anfalls von flüssigem Wirtschaftsdünger tierische Herkunft grundsätzlich auf die entsprechenden Daten in der Düngeverordnung zurückzugreifen (Mindestwerte).
Zusätzlich sind nach der Verordnung jedoch noch weitere Einleitungen zu berücksichtigen, die von den einzelbetrieblichen Verhältnissen bestimmt werden. Das nachfolgende Schema mit entsprechenden Faustzahlen verdeutlicht die erforderliche Vorgehensweise:
Ein Zahlenbeispiel verdeutlicht die Vorgehensweise für die Berechnung der Güllelagerkapazität.
Alle Einleitungen in das Güllelager müssen bei der Berechnung der Lagerkapazität berücksichtigt werden. In der Praxis wird dabei den Abwässern von Siloplatten nicht genügend Aufmerksamkeit gewidmet. Sauberes Regenwasser von abgedeckten, sauberen Siloanlagen (saubere Folie) kann ohne weitere Behandlung abgeleitet werden. Verschmutztes Regenwasser muss gesammelt werden und entweder in das Güllelager überführt werden (Anrechnung auf Güllelagerkapazität) oder z.B. großflächig ausgebracht werden (Bodenfilterwirkung). Es ist also sehr lohnend, durch eine überlegte Betriebsweise und Sauberkeit zu vermeiden, dass verschmutztes Regenwasser entsteht, das nur die nötige Lagergröße erhöht und auch noch ausgebracht werden muss.
Die so errechnete Lagerkapazität stellt die notwendige Mindestmenge zur Erfüllung der Forderungen der JGS-Anlagenverordnung dar. Die Staukanäle in den Stallanlagen können mit bis zu 80% ihres Bruttovolumens auf die Lagerkapazität angerechnet werden, Treibmistkanäle werden nicht angerechnet. Dieses Berechnungsschema und die angegebenen Faustzahlen sind mit dem Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW abgestimmt in Bezug auf wasserrechtliche und CC Anforderungen.
Nach der Verordnung ist eine Unterschreitung der Lagerkapazität auf dem Betrieb nur zulässig, wenn eine ordnungsgemäße überbetriebliche Lagerung und Verwertung sichergestellt ist. Dieses ist im Bedarfsfall gegenüber der zuständigen Unteren Wasserbehörde nachzuweisen. Bei einer eventuellen Anpachtung von Gülle- oder Jauchebehältern auf benachbarten Betrieben sind die erforderlichen Hygienemaßnahmen zu berücksichtigen.
Beratungsempfehlung differenzierter!
Aus Sicht der Bauberatung ist der erforderliche Lagerraum differenzierter zu berechnen. Als wesentliches, zusätzliches Kriterium wird der tatsächliche, betriebliche TS-Gehalt der Gülle zugrunde gelegt. So erhöht sich z.B. bei einer Milchviehgülle mit 9% TS (statt 11 % TS bei der Mindestmengenberechnung) der Gülleanfall z. B. bei einer 8.000 kg Kuh von 20 m³ pro Jahr auf 24,4 m³.
Für viele Betriebe wird es notwendig werden, bis Ende des Jahres die Güllelagerkapazität zu erweitern, also ein Außenlager neu zu bauen oder auf anderen Betrieben freie Lagerkapazitäten anzupachten. Die Investitionen für den Neubau eines Außenbehälters belaufen sich je nach Größe, Material und technischer Ausstattung auf 50 bis 60 € je m³ Lagerraum. Aus AfA und Zinsansatz können dann Jahreskosten von 3,50 bis 4,50 € je m³ Lagerraum errechnet werden. Nun steht dieser Investition und den Kosten aber auch ein Nutzen gegenüber. Durch die längerer Lagerdauer kann die Gülle in Frühjahr und Sommer in die Pflanzenbestände ausgebracht werden und wird dann als Pflanzennährstoff verwertet. Die sonst übliche Ausbringung im Herbst kann entfallen. Die Herbstausbringung ist mit hohen Nährstoffverlusten behaftet. Je nach Bodenqualität und Vegetation wird vom NH4- Gehalt der Gülle nur 20 %, häufig aber auch nur 0 % genutzt. Gerade in diesen Zeiten hoher Düngerpreise lohnt es, die Güllenährstoffe im Frühjahr auszubringen anstatt mit teurem Mineraldünger zu ergänzen. Dr. Laurenz hat für 3 Düngerpreisszenarien zusammengestellt, welche Ersparnis man erzielen kann beim Mineraldüngereinkauf, wenn man auf die Herbstausbringung bei Gülle verzichtet. Schon bei derzeitigen Düngerpreisen (und den angenommen Verlusten bei Herbstdüngung) verliert man zwischen 3,50 € und 5,50 € je m³ Herbst-Gülle, die 4 kg NH4-N je m³ enthält. Sollten die Mineraldüngerpreise weiter steigen, steigt auch die Ersparnis.
Aber bereits bei den jetzigen Preisen kann es ökonomisch und ökologisch sinnvoll sein, für die Herbstgülle Lagerkapazität zu schaffen, um sie im Frühjahr als wertvollen Mineraldünger-Ersatz einsetzen zu können. Diesen Nutzen eines zusätzlichen Güllelagers sollte man also in seine Betrachtungen einbeziehen.
Bernhard Feller, 02.12.2008
Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen